- Zugriffe: 13815
Die Bäderdampfer
Die Insel Usedom hat eine Ausgleichsküste, d. h. bei Sturm wird an den ins Meer hinein ragenden Hügeln (z. B. Streckelsberg) viel Gelände abgetragen.
Der feine Sand setzt sich in ruhigeren Küstenabschnitten wieder ab, durch diesen fortlaufenden Prozess erhielt Usedom über 40 km feinsten Sandstrand, aber keine Möglichkeit an der Außenküste einen natürlichen Hafen anzulegen. Erst einmal galt für die Badegäste das Prinzip „Sehen und gesehen werden.„ Jede Seebrücke war also nicht nur Renommierobjekt des Ortes sondern auch Flaniermeile der Gäste. Von der Seebrücke konnte man das herrliche Panorama der Küste genießen. Eine große Bedeutung bestand ebenfalls für den Reise und Ausflugsverkehr, denn an der Außenküste von Usedom sind keine natürlichen Häfen möglich. Deshalb hatte fast jeder Badeort zumindest einen Seesteg, an dem die Motorboote und die Strandboote anlegten. Die größten Badeorte hatten auch die größten Seebrücken für die Dampfer. Dies waren die Schiffe der Braeunlich Reederei aus Stettin und der Swinemünder Dampfschiffahrts AG.
Alle Seebrücken waren Holzbauten, aus diesem Grund bestand immer eine hohe Brandgefahr. Aber auch schwerem Sturm und Eisgang waren sie kaum gewachsen. Ihre Bedeutung schöpften sie aus mehreren Quellen. Speziell von Stettin fuhr man mit dem Zug nach Swinemünde und von dort mit dem Dampfer über Heringsdorf nach Lauterbach (Rügen) und weiter nach Bornholm.
Einige Tipps aus dem Führer Insel Rügen aus dem Jahre 1907/1908:
Eine Seefahrt ist der Fahrt in den stark besetzten staubigen Coupes der Eisenbahn entschieden vorzuziehen. Meist ist es die Furcht vor der Seekrankheit welche die Reisenden vor einer Dampferfahrt zurückschreckt. Doch dies ist ein Schreckgespenst, das in Wirklichkeit nicht so gefährlich ist. Nur bei starkem Ostwind ist die Krankheit zu fürchten. (…)
Als Vorsichtsmassregel beachte man folgendes: Man halte sich auf dem Promenadendeck in frischer Luft, nicht in der Kajüte auf, vermeide in die Wogen zu sehen, richte vielmehr den Blick nach einem entfernten Gegenstand, sodass die schwankende Bewegung des Schiffes nicht zum Bewusstsein kommt. Bei hohem Wellengang ist die liegende Stellung ein gutes Schutzmittel, und zwar lege man sich beim Stampfen des Schiffes (Bewegung von vorn nach hinten) so, dass der Kopf und Füsse nach Steuerbord und Backbord zeigen (Querlage) – beim Rollen des Schiffes (Bewegung von rechts nach links – Schaukeln) so, dass Kopf und Füsse nach vorn und hinten gerichtet sind. Bei gemischter Bewegung wähle man die Längslage. Es empfiehlt sich, dem Magen etwas konstantes, doch keine fetten Speisen anzubieten, auch der Genuss eines Gläschen Portweins oder guten Kognaks ist nicht zu verachten; dagegen beschränke man den Wassergenuss (…).1
Bei diesen gut gemeinten Ratschlägen ist doch ein leichtes Schmunzeln angebracht.
Die im folgenden vorgestellten Schiffe der Reedereien erheben in keiner Weise den Anspruch auf Vollständigkeit!
1Jürgen F. Braeunlich, Bäderdampfer auf der Ostsee, Koehlers Verlagsgesellschaft Hamburg, 1999.