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Villa Staudt
Die Villa wurde im Jahre 1905 erbaut, wie ein alter Lageplan belegt. Die dort zuvor stehende Villa Miramar d. h. Meeresblick wurde abgerissen. Die nun errichtete Villa ist ein zweigeschossiger Putzbau mit Mansarddach und Jugendstilmotiven.
Die Villa ist durch die Besuche von Kaiser Wilhelm II. bei Frau Konsul Elisabeth Staudt berühmt geworden. An der rechten Seite befindet sich ein dreigeschossiger Eckturm, dort traf sich Kaiser Wilhelm II. mit Frau Konsul Staudt beim Tee.
An der Vorder- und Rückseite der Villa ist je ein Mittelrisalit, letzterer mit aufgeputztem Familienwappen.
Nun einige Informationen aus dem Büchlein „Zum Tee mit dem Kaiser in Heringsdorf“ von Guillermo Staudt. Es ist eine Erinnerung an seine hochverehrte Großmutter. Nach dem Konkurs seines Vaters, der einen Gasthof betrieben hatte, blieb dem 24jährigen Wilhelm wie seinem Bruder nichts anderes übrig, als auszuwandern, “um der Schande zu entgehen”. Wilhelm Staudt fand eine Anstellung bei einem deutschen Handelshaus in Argentinien und bewies schon zwei Jahre später den Einfallsreichtum, der ihn zum Millionär werden ließ.
Er entwickelte ein System von Kürzeln, das die Kabel-Kommunikation zwischen den Kontinenten erheblich verbilligte. 1882 brachte er zusammen mit einem Partner bei Julius Springer in Berlin den ersten “Commerziellen Telegraphenschlüssel” heraus, der sich als ein großer Erfolg erwies. Mit dem Geld kaufte er in Frankreich Popelinestoff und lies daraus Pyjamajacken ohne Hosen anfertigen, die zu einer besonders beliebten Freizeitbekleidung wurden.
Durch den Ankauf von Wolle und Häute und Weiterverkauf nach Europa begann der weitere Aufstieg. 1895 heiratete Wilhelm Staudt in Berlin Elisabeth Albrecht. Frau Konsul liebte Pferde und konnte sich den besten Stallmeister Deutschlands engagieren. Das Glück der Familie fand schon 1906 ein jähes Ende, als Wilhelm Staudt noch nicht 54jährig starb. Nach dem Tod ihres Mannes führte die Frau Konsul Staudt die Firma mit großem Erfolg weiter. Die Tochter Mercedes wurde in Heringsdorf geboren, sie erbte vom Vater ein Vermögen von 3,3 Mill. Mark . An der Hochzeit von Tochter Auguste-Viktoria im Jahre 1908 nahm auch Kaiser Wilhelm II teil, denn der Bräutigam war sein Patenkind.
Frau Konsul Staudt verkaufte das Haus 1938 an Theodor Morell den Leibarzt von Adolf Hitler und ging in die Schweiz. Im Jahre 1943 von der Wehrmacht beschlagnahmt, diente die Villa nun als Lazarett. Nach dem Krieg zunächst Heim Völkerfreundschaft und danach als „Wilhelm Pieck Heim I“ Ferienheim des ZK der SED. Nach der Wende umfassend saniert, befinden sich heute Ferienwohnungen in der Villa.